Für die einen Glück, für die anderen Gefahr

Zeitgenössische Kunst von Felice Varini.

Zeitgenössische Kunst
von Felice Varini.

ST.GALLEN. «Schwarz geht gar nicht. Heute ist Rot!» Mit diesen Worten und einem abschätzigen Blick wies mich die komplett in Rot gekleidete Frau vor einem Berliner Nachtklub weg. Doch da der Uni-Beginn in vielerlei Hinsicht einen Neustart bedeutet, entschliesse ich mich, Rot eine zweite Chance zu geben. Drei Kunstwerke an der HSG eignen sich bestens dazu: ein Porträt von Yan Pei-Ming in der Sporthalle, eine geometrische Zeichnung im dreidimensionalen Raum von Felice Varini im Bibliotheksgebäude und ein filigranes Mobile von Alexander Calder im Hauptgebäude. Schon seit den 60er-Jahren hängt das Werk «Ohne Titel» von Alexander Calder an der HSG. Das Konstrukt aus Stahlblech schwebt direkt über der ohnehin schon zu schweben scheinenden Treppe. Kunstwerk und Architektur interagieren: Beim Hinaufsteigen der Treppe nimmt der Betrachtende immer wieder andere Perspektiven ein und sieht das Werk somit aus verschiedenen Blickwinkeln. Von der Perspektive abhängig ist auch das Werk von Felice Varini. Die scheinbar willkürlich gesetzten Striche und Flächen formen sich jedoch nur von einem einzigen Standpunkt aus zum Gesamtbild. Die in Reihen angeordneten Kreise scheinen so inmitten des Raumes zu stehen. Langer Weg in die Sporthalle Eine lange Reise hat das «Red Self-Porträt» des chinesischen Künstlers Yan Pei-Ming hinter sich. Ein Alumnus der HSG ersteigerte das Werk in New York für den privaten Besitz. Er merkte jedoch schnell, dass er keine Wand in der erforderlichen Grösse zur Verfügung hatte und vermachte das rote Gemälde kurzerhand der HSG. Doch auch hier dasselbe Problem: Die grösste Wand misst 3,30 und nicht die benötigten 3,50 Meter. Hinzu kommt, dass das Werk mit genügend grossem Abstand betrachtet werden muss. Wer zu nahe am Werk steht, kann vom Gesicht nichts erkennen. Mit der Plazierung in der Sporthalle konnte das Problem gelöst werden. Das leuchtende Rot und die Beschränkung auf zwei Farben werden durch den eintönigen Beton im Hintergrund zusätzlich betont. Die bewusste Reduktion auf zwei Farben ist typisch für Yan Pei-Ming. Nebst Weiss und Grau hat es ihm vor allem die Farbe Rot angetan: «Für Chinesen bedeutet Rot Glück, für Europäer eher Gefahr und für mich Gewalt.» (Lea Schüpfers)

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