Gestatten, Maximilian, 21, HSG

Ein bestimmter Ruf eilt der HSG voraus, und selbst im hintersten Winkel dieser Welt weiss man offensichtlich,
wie ein «typischer HSGler» so tickt. Wirklich? Ein Faktencheck.

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ST.GALLEN. Unsere Universität geniesst einen ausgezeichneten Ruf. Unsere Studierenden? Auch. Hin und wieder hört man jedoch von vorwurfsvollen Stimmen, die ein sehr plakatives Bild von uns Studenten zeichnen. Dieses Bild findet man nicht nur in den Kommentarspalten von Schweizer Boulevardpublikationen, sondern zeitweise auch offline. Doch was ist da dran? Der Klischee-HSGler Erstmal der Reihe nach: Was ist eigentlich dieser typische HSGler? Die Öffentlichkeit präsentiert mitunter ein klares Bild. Er heisst Maximilian oder Ludwig. Meist ist das jedoch nur einer von einer Armada anderer Namen, die alle durch ein «von» oder «zu» vom Nachnamen getrennt sind. Während andere Studenten zu Fuss, mit dem Rad, oder verschwitzt im überfüllten 5er-Bus zur Uni fahren, parkt der Klischee-HSGler zielsicher den Porsche vor der Uni – in letzter Zeit wird der Porsche jedoch immer häufiger durch einen Tesla ersetzt. Das Outfit ziert meist ein mehr oder weniger grosser Polospieler; nur im Winter ist dieser nicht sichtbar, da die farbenfrohe Modeerscheiung sich komplett unter einem extra für Polarforscher entwickelten Canada-Goose-Mantel versteckt. Könnte ja kalt werden.

Harte Fakten

Die Universität ist in Maximilians Leben eher nebensächlich, da – seien wir jetzt mal ehrlich – im elterlichen Betrieb die Thronübergabe schon geplant ist. Das C-Level ist doch auch nur was für Minderperformer. So zumindest die Theorie. Das offizielle Studentenmagazin der HSG, «prisma», hat im Jahre 2013 knapp über 700 Studenten befragt und festgestellt, dass der Klischee-HSGler sich nicht so wirklich bestätigen lässt. 43 Prozent der Studierenden üben neben dem Studium einen Nebenjob aus. Die durchschnittliche Unterstützung derer, die sich lediglich durch finanzielle Hilfe der Eltern

über Wasser halten, liegt bei 1300 Franken. Das deckt nicht mal den Bedarf an Dom Perignon für eine einzige Party! Und selbst die statistischen Randerscheinungen sind alles andere als übertrieben: Der Maximalwert der elterlichen Unterstützung betrug 6400 Franken. Das ist weniger als ein Primarschullehrer im Kanton Zürich verdient. Und die sind nicht gerade für ihr exzessives Leben bekannt. Auch die Wertevorstellung der HSGler widerspricht dem Bild des Heuschreckenkapitalisten: Der wichtigste Wunsch der Studenten ist «Zufriedenheit». «Reichtum» belegt den letzten Platz.

Studentisches Engagement

Es gibt weit über 100 Vereine und Initiativen an der HSG, in denen sich Studenten ehrenamtlich engagieren können. Zwischen 2009 und 2013 waren über 50 Prozent der Bachelor-Studierenden in Vereinen aktiv. Manche widmen ihr Engagement der Nachhaltigkeit, andere setzen ihren Fokus auf Social Entrepreneurship. Dann gibt es noch Kurse, in denen HSG-Studierende selbst die Chance haben, ein soziales Projekt zu verfolgen. Was heisst das jetzt alles? Gibt es Maximilian nun gar nicht an der Universität St.Gallen? Vielleicht schon, aber in der Realität kommen auf jeden Maximilian mindestens hundert komplett andere Individuen. Es ist daher wichtig, die Stereotypen nicht mit der Realität zu verwechseln, sondern sie als das zu sehen, was sie sind: eine mitunter sehr lustige Übertreibung. (Dominik Mayer)

 

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