Kolumne: Project X

Schock! Der Schlüssel bewegt sich keinen Millimeter. Langsam dämmert es mir. Mein Mitbewohner hat unsere Wohnungstür von innen verschlossen, den Schlüssel stecken lassen und mich für eine Nacht auf den Hausflur verbannt. Dabei habe ich mich nach der ersten WG-Party so auf mein kuschliges Bett gefreut. Aber jetzt raus aus dem Traum und zurück in die Realität. Phase 1 meines Notfallplans sieht die umgehende Alarmierung meines Mitbewohners vor. Die Frage aller Fragen: Wie reisst man einen Studenten aus dem Tiefschlaf, ohne die gesamte Nachbarschaft aus den Federn zu holen? Rücksicht und Toleranz haben auch bei mir ihre Grenzen, und ich starte mein nächtliches Projekt. Von Sturmklingeln, lautem Rufen und Telefonterror bis hin zu Steinchen-ans-Fenster-Werfen bleibt nichts unversucht. Doch mein Mitbewohner befindet sich nach wie vor im Winterschlaf. Müdigkeit senkt jede Hemmschwelle, und ich werfe mich erledigt im Hausflur auf den harten Boden, wo ich bis in die Morgenstunden vor mich hin vegetiere. Die Sekunden schleichen dahin, während ich vergebens nach der perfekten Schlafstellung suche. In aller Frühe passieren zahlreiche Nachbarn mein Quartier und erkundigen sich nach meinem Befinden. Meine Antwort: Auch wenn der Hausflur und ich nun eine ganze Nacht miteinander verbracht haben, bleibt mein Bett die Nummer eins. (Anja Mesmer)

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